In einer Gesellschaft, die vor allem auf Jugend und Schönheit fixiert war, waren ihre Reichtümer nur noch Gaukelei und ihre Unschuld hohler Schein. (Die chinesische Sängerin, S. 198)
"Die chinesische Sängerin" macht einen geschickten Spagat zwischen den mehr, oder weniger glamourösen 20ern und den sich abwärts bewegenden 30ern.
Das Hauptaugenmerk legt Jamie Ford dabei auf die Minderheit der chinesischen Bevölkerung. An sich bekommt man gute Einblicke in die damalige Zeit, besonders auf das Leben der Menschen, die sich am dortigen Rand der Gesellschaft bewegten.
Der Roman erzählt die Geschichte des Waisen Williams, der in der chinesischen Sängerin Willow Frost seine Mutter wiedererkennen zu glaubt und sich deshalb auf die Suche nach Willow macht.
Interessanter Weise wird nicht nur Wills Geschichte wiedergegeben, nein, das Buch besteht größtenteils aus Rückblenden ins Leben seiner Mutter Liu Song. Zum Glück, denn die Kapitel über sie erschienen mir um einiges reifer, ausgefeilter und waren vor allem sehr viel überzeugender. Ihr Schicksal berührt und zeigt die Stellung einer chinesischen Frau von damals überzeugend dar. Insgesamt ist ihr Charakter ist toll ausgearbeitet, während ich an dem ihres Sohnes nur an der Oberfläche entlang geschrammt bin.
William ist gerade mal 12 und seine Freundin Charlotte nicht viel älter. Ihren Dialogen nach, muten sie eher Erwachsenen an, als Kindern, wobei Wills Gedanken oftmals mehr denen eines Kindes entsprechen, das er ja auch ist, ebenfalls wie seine Handlungen. Überzeugung sieht anders aus.
Auch vom Stil her hat der Autor zwar eine Begabung Szenen wunderbar zu beschreiben, wie verbildlichen, schafft es jedoch fast nur in Lius Fällen Emotionen auf den Leser übertragen zu können. Teilweise kamen mir die Handlungen in Wills Kapitel viel abgehakter und sprunghafter vor, als in denen von Willow.
Ansonsten ist der Schreibstil des Autors nicht weiter hervorzuheben. Manchmal schreibt er schön, lesenswert, nur um sich dann an poetischen Sätzen zu versuchen, die fehl am Platz wirken und das Ganze ins melodramatische abwerten.
Ich bleibe allein zurück, ganz unten in einem Brunnen des Zweifels. Und in der finsteren Tiefe dieses kalten Brunnens wurde Liu Song klar, dass nicht nur Colin sie getäuscht hatte - auch sie selbst hatte sich etwas vorgemacht. (Die chinesische Sängerin, S. 321)
Schade, da ging einiges an Potenzial verloren.
"Die chinesische Sängerin" kann zwar alles in allem mit Liu Songs Kapiteln überzeugen, lässt aber leider mit Williams Textpassagen nach. Wer sich aber für das Leben als Frau, und dann noch als Chinesin, interessiert, kann sich mit Empfehlung an dem Buch versuchen.
Dies ist das ins Deutsche übersetzte Hardcover des englischen Buches "Songs of Willow Frost". "Die chinesische Sängerin" wurde von Jamie Ford verfasst und bei Bloomsbury Berlin veröffentlicht. Freuen kann man sich dabei auf 368 Seiten. Erhältlich ist die Ausgabe für 19.99€.
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Hallo!
AntwortenLöschenMeistens interessieren mich solche Lebensgeschichten nicht :) Fand aber mal das Buch "die Tibeterin" und irgendwie, obwohl das Buch recht langatmig war, fand ich es echt toll. Grübel immer mich vllt doch mehr an solchen Dingen zu versuchen. Schaffe es aber immer nicht *lach*
Haha, also ich mag solche Bücher schon recht gerne :) "Die Tibeterin" sagt mir nichts, aber ich werd mich mal darüber informieren!
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