Glimmer, Glamour, Rassismus und Fanatismus

"You and me, kiddo, we're gonna take this town by storm," [...] (The Diviners, S. 85)

Man schreibe das Jahr 1926, New York, New York. Evangeline O' Neill, sollte eigentlich als Bestrafung bei ihrem Onkle Will von nun an in New York leben. Was er nicht weiß: Sie hat die Gabe durch die Berührung eines persönlichen Gegenstandes Einblicke in die Vergangenheit seines Besitzers zu erhaschen. Alles scheint wunderbar, bis seltsame Morde geschehen. Da Onkel Will ein relativ umfassendes okkultes Wissen besitzt, wird er von der Polizei zu Rate gezogen. Evie, sich keines Abenteuers zu schade, ist natürlich sofort Feuer und Flamme. Doch niemand von ihnen ahnt, dass sich vor kurzem, in einer lauen Sommernacht, etwas Böses erhoben hat.

Die Goldenen Zwanziger bieten alles, was ein mitreißendes Setting braucht. Libba Bray hat sich dieses Wissen erfolgreich zu Nutze gemacht. Gegenüber den Glimmer und Glamour der jungen, flotten Flapper,  charismatischen Ziegfeld - Mädchen, Speakeasies "Flüsterkneipen", kulturellem und künstlerischem Dynamismus, stellt Bray die Armut in den heruntergekommenen Teilen New Yorks, den die Zeit beherrschenden Rassismus und gestörten Fanatimus extremer Religionsausüber.

Im Vordergrund steht natürlich die flatterhafte Seite der Stadt. Protagonistisch bedingt erhält man durch Evangeline Einblicke in das leichte Leben. Evie ist der Prototyp eines "Flappers". Mit zu einem Bob getrimmten Haaren, genießt sie das Leben trinkend, rauchend und stark geschminkt, in vollen Zügen. Durch typische Redewendungen wie z.B. "the bee's knees" oder "the cat's meow" glaubt man sich in einer anderen Zeit wiederzufinden. Die Protagonistin zeichnet sich zwar nicht durch große Sympathie aus, sie ist viel mehr zu laut, zu unverfroren und ziemlich oft nur auf sich selbst und ihren Spaß bedacht. Schlussendlich weiß man sie als Leser aber Grund ihres Humors zu schätzen.
Uncle Will frowned. "Didn't they teach you how to go about research in that school of yours?" "No, but I can recite 'The Battle Hymn of the Republic' while making martinis." "I weep for the future." (The Diviners, S. 328)
Neben Evie gibt es zahlreiche Nebencharaktere, die alle ihre Geheimnisse mit sich rumschleppen. Alle sind von extrem unterschiedlicher Art, stammen aus unterschiedlichen sozialen Ständen und laufen dabei so gut wie jeden gesellschaftlichen Rang New Yorks in den Zwanzigern ab. Libba Bray hat kräftig in den Farbtopf gelangt. Nach und nach beginnt man derweil zu verstehen, was sie mit den mysteriösen "Divinern" zu tun haben
Leider erfährt man dann doch nicht allzu viel über sie selbst, weil NEBENcharakter, aber ich denke, das wird sich im nächsten Band ändern.

So schön die Autorin die strahlenden, oder von Armut geprägten Teile des gesellschaftlichen Lebens auch verbildlicht, so eine gruselige Atmosphäre beschwört sie, wenn es um die Mordfälle geht. Als Leser weiß man, anders als die Charaktere, wer sich hinter dem Mörder verbirgt. "Naughty John" mag zwar auf den ersten Blick ein zu beschmunzelnder Name sein, wer aber in die Hände dieses gestörten fällt, hat nicht mehr viel zu lachen. Besonders gruselig wird die ganze Situation dadurch, dass seine Gräueltaten auf rein fanatischer Ebene basieren. Dabei mangelt es an Spannung kaum.
There's nothing more terrifying than the absoluteness of one who believes he's right, [...] (The Diviners, S.482)
 Besessenheit hat auf mich eine beunruhigende Wirkung, wir wissen schließlich alle, wozu das unter Hitler führte. Außerdem verwebt Bray die Worte so, dass man einfach Gänsehaut bekommt. Da kann ihr keiner so schnell etwas vormachen.
"Ah, one last game, I see," the stranger said, [...]. "Go on, then, Thomas. Place your bets. Roll the dice." His voice echoed in the cavernous slaughterhouse. "Run!" (The Diviners, S. 173)
Unterm Strich gesagt, verfügt "The Diviners" über alles, was eine fesselnde Geschichte braucht. Ein fantastisches Setting, einen traumhaft atmosphärischen Schreibstil und viel Spannung. Wer mit mysteriösen Dingen und den Zwanzigern etwas anfangen kann, ist mit dem Buch bestens beraten.
"The time is now. They are coming," [...] "Diviners" (The Diviners, S. 166)



"The Diviners"  wurde von der talentierten Libba Bray verfasst und die schmucke gebundene Ausgabe erschien beim Little Brown Verlag. Freuen kann man sich auf 578 wirklich lesenswerte Seiten, die für  14.50€ erhältlich sind.

10 Kommentare:

  1. Das ist mal wieder der typische Fall von "Bitte lasst dieses Buch übersetzen, liebe Verlage!!!"
    Ich bin nach so vielen guten Rezension wirklich wirklich wirklich gespannt, wie mir der Roman gefallen wird. Aber an das Original trau' ich mich hier lieber nicht, denn ich hab' leider viel zu viel Angst zu viel zu verpassen :/

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    1. Aber so was von! Ich hätte eher Angst, dass bei der Übersetzung der schöne Stil, oder Wortspiele verloren gehen. Z.B. bei den Slangausdrücken wie "the bee's knees" wüsste ich nicht, wie man das ein einer eben solchen Mundart im Deutschen gut wiedergeben könnte. Ich hoffe aber sehr, dass "The Diviners" es nach Deutschland schafft! :D

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  2. Woah! Schöne Rezension! Gut, dass ich das Buch bereits bei mir habe :D
    (aber noch ungelesen)
    Hast du schon die Internetseite von "The Diviners" gesehen? Sieht super aus und da gibt es so viel zu entdecken. Sogar einen "Radiosender" hat es dort. Da ich das Buch noch nicht gelesen habe, habe ich mich nicht getraut mich ausgiebig umzuschauen ;)

    Liebe Grüße

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    1. Na dann, auf, auf! Lass es nicht zu lange subben^^
      Die Internetseite ist wirklich genial. Du kannst dich aber ruhig umsehen, da wird nicht gespoilert! Besonders die Seite mit den Charakteren finde ich gut.

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    2. Puh, dann bin ich ja beruhigt.
      Ich glaube, ich lese erst die ganzen Rezi- und Ausleih-Bücher und dann geht es volle Kanne los mit dem SuB-Abbau :D

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    3. SuB - Abbau würde meinem Regal auch nicht schaden xDDD

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  3. Danke für diese seeehr schöne Rezension! Das Buch kenne ich noch überhaupt nicht. Ich hoffe aber auch, dass es übersetzt wird, weil das Englisch für mich ziemlich schwer klingt. Trotzdem, "The Diviners" wandert auf meine Wunschliste :)

    Liebe Grüße :-)

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    1. Das ist schön :) Am Anfang fand ich die Ausdrücke auch etwas gewöhnungsbedürftig, aber mit der Zeit legt sich das. Da ist man so von der Geschichte gefesselt, das stört gar nicht mehr. Auf Amazon gibt's einen Blick ins Buch, da kannst du ja mal eine Auge reinwerfen :D

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  4. so ein tolles Buch! Da steht bei mir bald mal ein Reread an, bevor dann endlich der 2. Teil erscheint :D ich freu mich so unheimlich drauf haha! Die Ausgabe ist so unfassbar hübsch, schade, dass sie das Design nicht weiterführen bei den nächsten Bänden :/ deshalb bin ich noch so unschlüssig, ob ich mir das noch fürs Regal hole oder nicht (ich habe nur das ebook). Die spanische Ausgabe find ich auch total cool :D

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  5. Ich kann dir gar nicht sagen, wie ich mich auf den zweiten Teil freu! :DD Das mit dem Design ist echt blöd, mir hat das Gold einfach so gut gefallen, und überhaupt alles. Ich find die ersten drei auf dem Bild ganz schick :)

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