Tessa

Tessa erinnert mich ein bisschen an Anais aus Das Mädchen mit dem Haifischherz, wenn diese nie aus dem Teufelskreis aus Drogen und Alkohol herauskommen würde (was sie im Buch auch nicht direkt bewerkstelligt). Nur eben älter. Und mit geringeren Aussichten auf Erfolg. Und ohne hoffnungstragende Träume, oder Fantasie. Ein paar Lichtblicke gibt es, aber den Sprung schafft die junge Frau trotzdem nicht.  

Sie hat keine Angst vor dem Einschlafen, und ob sie wieder aufwacht, merkt sie morgen.

Tessa balanciert auf einem sehr schmalen Pfad am Abgrund. Sie bewegt sich zwischen Manie, Sucht und Depression, verweigert jegliche Hilfe und will, kann nicht wahrhaben, dass sie bereits zu Tief in dieses schwarze Labyrinth hineingeraten ist, um ohne Hilfe, wieder hinauszufinden. Sei es nun die eines Experten, oder einfach die eines guten Freundes.
Es ist weder schön, noch angenehm zu lesen, wie sie sich selbst zerstört. Am liebsten würde man sie mal ordentlich schütteln, ihre Weinflaschen aus dem Fenster werfen, die Wohnung gründlichst abschrubben, die Kleidung waschen, Tessa eine Stunde unter die Dusche stellen und dann an irgendeinen Ort bringen, an den sich jemand um sie kümmert. Ihr irgendwie einen frischen, neuen Start ins Leben ermöglichen.

Sie sympathisch zu finden viel mir nicht unbedingt leicht. Es fiele einem viel einfacher Tessa die Schuld in die Schuhe zu schieben; wenn sie nicht so viel trinken würde, wenn sie nicht immer so hysterisch wäre, wenn sie sich mal am Riemen reißen würde, wenn sie nur ein bisschen Vertrauen aufbringen würde, wenn sie die Schuld nicht immer bei anderen suchen würde. 
Tessa ist frei, aber zu welchem Preis? Um sich abends zu betrinken und am nächsten Tag verkatert ihre Paranoia mit mehr Alkohol hinunter zu spülen? 

Der weite Himmel. Sie fühlt sich klein, unbedeutend. Der Himmel sieht weit weg aus. Die dunklen Vögel formieren sich um. Einer der Vögel kriegt es nicht hin und fällt zurück. Hektisch flattern seine Flügel, aber er bleibt im Abseits. 

Nicola Karlsson erzählt Tessas Geschichte nüchtern, authentisch, knallhart, ohne irgendetwas zu beschönigen, was oft ein ziemlich beklemmendes Gefühl auslösen kann. Es erscheint schon fast brutal, dass ausgerechnet eine schöne, junge Frau wie Tessa, die ihr ganzes Leben noch vor sich hat so aus ihrer Zukunft fällt und noch brutaler, dass ihre Lage so aussichtslos ist. Brutal, aber Tessas Realität, und auch die Realität einiger anderer Menschen. 



4 Kommentare:

  1. Hey :)
    Das Cover ist ja mal wirklich schön! Obwohl ich mit solchen Büchern eher Probleme habe, weil sie mir zu beklemmend sind und ich die Charaktere dann einfach nicht leiden kann, lese ich mir mal die Leseprobe durch :)

    Alles Liebe

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    1. Das Cover finde ich ebenfalls sehr hübsch (passt auch gut zur Jahreszeit^^).
      Wenn du solche Bücher nicht magst, würde ich dir auf jeden Fall die Leseprobe empfehlen, "Tessa" ist wirklich bedrückend.

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  2. Hei c:

    Das klingt echt gut. Bedrückend, aber dennoch gut!
    Schöne Gedanken dazu. Ich bin gerade über deinen Blog gestolpert - Ich komme jetzt gerne öfter vorbei :)

    Ganz viele liebe Grüße, Michelle ☼♥
    walkingaboutrainbows.blogspot.de

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